Die Hofmark -
ein Patrimonialgericht

An die 50 Hofmarken, Herrschaften, Edelsitze und gefreite Güter lagen im Gericht Mitterfels. Es waren gleichsam kleinste Staaten im Staate: Der Adelige oder ein Klosterabt war für die Untertanen der Hofmark die politische, wirtschaftliche und richterlich-polizeiliche Obrigkeit. Das war schon so seit 1311 und dauerte, mit Abstrichen, bis 1848 (bei den Klöstern bis zu deren Aufhebung 1803). 1311 hatte Herzog Otto III, landesherrliche Rechte gegen gute Bezahlung an reiche Grundherren verkauft. Er band Gerichtshoheit an Grundbesitz und schuf so die Patrimonialgerichte. Durch Handauflage auf die Rechtsakte wurde das besiegelt, weshalb man von der "Ottonischen Handtfeste" spricht. In der "Erklärten Landesfreiheit" von 1508 waren nochmals alle Rechte bestätigt worden. Niedere Gerichtsbarkeit schloß die schweren "Malefizvergehen" aus, auch Streitigkeiten um Grund und Boden und Gantverfahren. Das blieb Sache der herzöglichen Gerichte und Vitztumsämter. Auch wo in kleineren Delikten das Maß überschritten war, mußte der Täter dem Landgericht zugeführt werden; am Grenzzaun war die Übergabe. Einem Hofmarksrichter mangelte es kaum an Arbeit. Es gab da zu viele polizeiliche Vorschriften niedergelegt im Landamtlichen Mandat von 1598. Da ging es um Tierhaltung und Flurschäden, um Feuersicherheit und Rauchfangstrafen, Mühlstrafen, Blutrunstschäden bei Raufereien, Gehorsamstrafen. Dazu eine Reihe von Beispielen: In der Tierhaltung müssen Hunde mit einem Prügel um den Hals am Wildern gehindert werden; müssen die Schweine gleich nach Lichtmeß geringelt werden, um sie am Wühlen an jungen Saaten zu hindern; dürfen Schafe, Gänse, Pferde nicht in umfriedete Felder getrieben werden, müssen Tauben eingesperrt werden, bis die Felder abgeerntet sind. Zum Schutz der bebauten Fluren vor Wildschäden müssen Zäune, Gatter, Hecken, Ettern (geflochtene Zäune) und Fallgatter in Ordnung gehalten werden. Abgräumtes darf nicht auf die Felder geworfen werden. Ganz streng steht es mit der Feuersicherheit: die Feuerbeschau wird ernst genommen, die Brechhäuser und Backöfen müssen dreißig Schritt von den Häusern entfernt sein. Die Strafe bei Nichteinhaltung beträgt 1 Pfund. Auch das religiöse Leben war geschützt: Während des sonntäglichen Gottesdienstes durften keine Wirtshäuser besucht werden, durfte nicht Karten gespielt werden, besonders um Geld und Getränke; auf auffällige Flucher warteten Bloßstellungen, wie Prangerstehen vor der Kirchentür, mit Symbolen des Büßens. Streitsucht und Zank wurde bei Frauen mit Anlegen der doppelten Halsgeige geahndet, wo sich zwei Zänkerinnen Aug in Aug gegenüberstanden und sich, zum Gaudium der Zuschauer, weiterhin beschimpfen und auch bespucken konnten. Widerspenstige gegen die Obrigkeit kamen an den Bock, ein Brett mit vier Löchern für Arme und Beine; oder es wurden ihnen Fesseln angelegt, oder sie wurden in die Zelle gesperrt. Am liebsten verhängte der Hofmarksrichter eine Geldstrafe. Die war ihm am nützlichsten da er anteilig davon bekam; den Leuten freilich war das die verhaßteste Strafe; da wären sie schon lieber einen Tag gesessen. Die Hofmarksrechte schlossen natürlich auch eine Reihe von Pflichten ein und bedingten auch einen umfangreichen Schriften- und Urkundenverkehr, so bei Heiraten, Erbfällen, Übergaben, Verkauf und Tausch, Aufzug eines jungen Bauern, Vormundschaften, sodann Hofverzeichnisse und Steuerlisten, auch die Überwachung kirchlicher Gelder zusammen mit dem Geistlichen. Für seine Untertanen oblagen ihm der Schutz vor Gewalt und Ungerechtigkeit, sowie die Hilfe in Notzeiten, bei Unglücksfällen, Viehfall, Seuchen. Schauerschäden in Mißjahren. Den Abbrändlern mußte er "Brandbriefe"ausstellen, mußte die Feuerbeschau durchführen, die Mühlen kontrollieren, die Bader und die Flur- und Forstheye (Aufseher) beaufsichtigen, auch Maß und Gewicht prüfen und das Setzen der Marksteine. Eine wohlgeordnete Hofmark lag ja auch in seinem Interesse, von ihr lebte er.

Hofmarken der näheren Umgebung
In unserer näheren Umgebung befanden sich solche Hofmarken und Edelsitze außer Konzell, Gossersdorf, Sicklasberg und Auggenbach - die Hofmark auf der Haid in: Höhenstein, Haibach, lrschenbach, Herrnfehlburg, Roßhaupten, Rattiszell, Ascha, Falkenstein, Haunkenzell, Wiesenfelden, Ried bei Stallwang, Schönstein, Machtenhof, Loitzendorf, Heubeckengrub, Rißmannsdorf und Sattelbogen.
 

 


Edelsitz Sicklasberg

Besitzer: 1752 Joseph Freiherr von Closen, 1795 Nikola Freiherr von Pienzenau. Ein Hertuuich de Siclinspercb wird zu Anfang des 12. Jahrhunderts (um 1105/6-1112) bei einer Schenkung des Domvogtes Friedrich III. und seiner Gemahlin Liutgard an Oberalteich als Zeuge genannt. Er dürfte auch der Ministerialität der Domvögte zuzurechnen sein. Schon früh ist Besitz des Klosters Oberalteich in Sicklasberg nachzuweisen, wie sich aus einem Privileg des Papstes Lucius III. vom 2. September 1184 ergibt. Gewisse Zusammenhänge zwischen diesem Besitz und den vermutlichen Inhabern eines Edelmannsitzes an diesem Ort ergeben sich erst später. So empfangen 1321 Sighart, Eberwein, Albrecht und Peter, Söhne des Friedrich von Irschenbach, von Oberalteich einen Hof in Sicklasberg zu vier Leib. 1357 bestätigt dieses Kloster, von Berthold dem Irensfelder 10 Pfd. R. Pf. erhalten zu haben, wofür ihm das Klostergut zu Sikkleinsperg zu Freisassenrecht gelassen wurde. Bereits 1364 verzichtet aber Berthold der Irensfelder hinsichtlich der zwei Höfe und vier Sölden samt Zubehör, wie er sie vom Kloster Oberalteich gehabt, gegenüber der Witwe von Härttweig dem Eyher, dem er sie verkauft hatte. Man wird davon ausgehen können, daß sowohl die Irschenbacher als auch die Irensfelder und anschließend die Eicher in Sicklasberg über eigenen Besitz verfügt haben. Es vergeht dann noch einige Zeit, bis 1399 Stephan Poschinger zu Sikkelsperg als Inhaber eines Edelsitzes an diesem Ort gesichert ist. Ab 1407 läßt sich Lorenz Poschinger durch rund fünf Jahrzehnte als Besitzer von Sicklasberg nachweisen, wobei er in verschiedensten Funktionen in den Urkunden auftritt, so hauptsächlich als Zeuge, Taidinger, Gerichtsbeisitzer, Siegler usw. In der Landtafel von 1464 wird von dem Poschinger zu Sigleinsperg eine Steuereinnahme von 9 ß 24 Pf. verzeichnet. 1466 verkauft Heymeran Poschinger zu Sicklasberg seine drei Güter zu Denkzell, die Lehen des Schönsteiners sind, an den Schwiegervater und Vater Hans Tannberger zu Birnbrunn. Der Verkauf eines freieigenen Hofes zu Sicklasberg an das Kloster Windberg durch Hans Förster und Achatz Poschinger von Sicklasberg im Jahre 1489 zeigt einerseits einen sich anbahnenden Besitzwechsel bei der Inhaberschaft des Sitzes an und weist andererseits auf eine Verkleinerung des dortigen Besitzes hin. Kurz darauf scheint der Forster Alleininhaber gewesen zu sein, wie aus seinem Notverkauf von drei Gütern in Denkzell an die Pfarrkirche St. Blasius in Windberg zu ersehen ist. Hans Forster zu Sicklasberg wird auch in der Landtafel von 1500 geführt, wobei seine Steuer von der Hofmarch auf 5 ß R. Pf. lautet. Die Landtafel von 1560 nennt Sicklasberg einen Sitz, auf dem Ludwig Pürkner die Inhaberschaft hat. Die 1606 angefertigte Landtafel spricht von einem hölzernen Sitz und Bauernhaus, sowie einer beschlossenen Hofmark, die vor Jahren den Poschingern gehört habe. 1558 und 1578 wird darin Ludwig Pürkner als Inhaber geführt, 1597 Christoph Pürkner, bei dem hinzugefügt ist, er wie seine Eltern hätten die Edelmannsfreiheit gebraucht, er und seine Frau seien allerdings “Augsburgischer Confession". Zum Jahr 1605 findet sich noch der Zusatz, Christoph Pürkner sei gestorben und seine Frau habe ihn nach Schorndorf in der Pfalz überführen und dort begraben lassen. In der eingehenden Beschreibung von 1606 wird Sicklasberg dagegen als Sitz bezeichnet, bei dem ein schlechter “hilzen Siz und Paurnhaus" vorhanden und den jetzt Ludwig Neuhauser gekauft habe; es gehörten noch eine Sölde und fünf neuerbaute öde Häusl hinzu, es bestehe die Niedergerichtsbarkeit, aber ohne einschichtige Güter. Die weitere Liste der Inhaber von Sitz Sicklasberg lautet: 1638 Erben des Georg Ludwig von Neuhaus, 1643 Martin Wagnereck, 1651 Georg Adam Pullinger, 1659 Ott Heinrich Freiherr von Seyboltsdorf, 1674 Fürstbischof von Passau Graf Sebastian von Pötting, 1718 und 1737 Johann Joseph Anton Freiherr von Nothaft, 1746 Maximilian Joseph Freiherr von Closen; die Rittersteuer ist mit 2 fl. festgelegt. In der Beschreibung des Rentamtes Straubing von 1795 wird unter dem Landgericht Mitterfels der gefreite Sitz Sicklasberg mit Nikola Freiherrn von Pienzenau als Inhaber aufgeführt. Für einen ehemaligen gefreiten Sitz klingt es beinahe unglaubwürdig, wenn mit Entschließung vom 18. September 1821 dem Grafen von Hegnenberg-Dux die Bildung eines Patrimonialgerichtes II. Klasse genehmigt wird. 1843 erfolgt mit Erlaubnis die Verlegung des Amtssitzes für das geschlossene Patrimonialgericht Sicklasberg von Steinburg nach Altrandsberg, 1844 nach Wiesenfelden.

Die Güter des Sitzes nach dem Hofanlagebuch:
Sicklasberg
(W, Gde Konzell), 9 Anw. Sitzinhaber 1/1 (Aufm Sitz), 1/8 (Knott), 4 je 1/16, (Bachmayr, Wagner, Füchsl, Wirt). Pfarrei Haibach.
Die weiteren Anwesen siehe unter Pfleggericht Mitterfels (Amt Landasberg, Obmannschaft Hadergrub) sowie Hofmark Oberalteich.
Die (fast) Gemeinde Sicklasberg
Bei den Vorplanungen im Jahre 1808 war Sicklasberg als eigene Gemeinde vorgesehen. Dem damaligen Steuerdistrikt gleichen Namens waren folgende Orte zugeordnet (alte Schreibweise):
Sicklasberg, Ziehrling, Artelsoed, Gunderskofen, Kleinzierling, Haderhaus, Oberumwangen, Unterumwangen, Stockhäusl, Vorm Hochholz, Unterholzen Oberholzen, Mooßmühl, Streiferau, Mennhaupten, Irlberg, Hochholz, Hof, Voglsang und Burgstall. Auggenbach mit Haid dagegen lag zu dieser Zeit im Steuerdistrikt Gossersdorf. 1820 wurde Sicklasberg dann Konzell zugeschlagen. Auggenbach mit 13 Hausnummern wurde eigenständige Gemeinde.
Quelle: Fritz Fuchs aus Staatsarchiv Landshut, Rustikalsteuerkataster Rentamt Mitterfels B3 und B16